Ewiges Leben

Porträts & Exposés

KORONA

„Da hat der Kickl doch recht!“
So sprach mein Freund Walter Fanta neben mir auf seiner Wohnzimmercouch. Mir war unbehaglich zumute. Zwar war mein kärntnerischer Freund Walter kein Kärntner wie diese – wie dieser Kickl eben. Aber wie meinte Walter das? Doch wohl hoffentlich so:
Da hat der Kickl doch recht!“
Da, in diesem Punkt. Ausnahmsweise. Sonst nicht. Meinen kärntnerischen Freund Walter hatte ich immer als einen aufrechten Antifaschisten im vor nicht allzu langer Zeit – sogar in unserem Jahrhundert, Jahrtausend – noch faschistisch gewesenen Kärnten betrachtet. Wäre das anders, hätte ich mich gar nicht zu ihm nach Kärnten gewagt, in die Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee zu ihm auf die Wohnzimmercouch.
„Da hat der Kickl doch recht!“
O weh! Diese Betonung tut weh. Der Grund für meine Kärnten-Reise war überhaupt nicht das antifaschistische Engagement Walters gewesen, ich hatte nicht vorgehabt, ihn gegen seine internen faschistischen Feinde zu unterstützen, und schon überhaupt war es mir ferngelegen, ihm bei einem innerseelischen Konflikt als politischer Therapeut beizustehen. Vielmehr waren wir zu einem gemeinsamen Vortrag über Robert Musil & Sigmund Freund geladen gewesen, so war ich auf seine Wohnzimmercouch geraten, wo ich ihm beim Konsum der ORF2-TV-Nachrichtensendung ZiB2 Gesellschaft leistete. Wenn Walter den Namen des FPÖ-Parteiobmanns betonte, hatte das womöglich damit zu tun, dass beide, der Germanist und Robert-Musil-Herausgeber Walter Fanta und der Freiheitliche Rechtsradikale und Korona-Impfgegner Herbert Kickl ihre schulische Sozialisation eine Zeitlang im kärntnerischen Villach verpasst bekommen hatten? Der Stress auf dem Familiennamen des fanatischen FPÖ-Chefs bereitete mir Stress. Vorsichtig versuchte ich den Abstand auf der Wohnzimmercouch zwischen Walter und mir zu vergrößern, ohne dass Walter es merkte, denn wer weiß, was die gemeinsame Sozialisation von Kickl und ihm im rotbraunen Nest Villach an unterdrückten aggressiven Neigungen – im tiefen Unbewussten Walters bisher verborgen – wachsen lassen hat. War das nicht aus einer gegen den Strich gekämmten Lektüre aus den Villach-Passagen in Walters Roman Puschnig herauszulesen, wie er den Villacher Fasching und den Villacher Kirchtag beschreibt, mit unverhohlenem Hass und verhohlener Liebe? Vielleicht bleibt in jedem Villacher ein Stückchen faschistoider Sozialisation stecken. Einmal Villacher, immer Villacher. Oder sagte Walter seinen Satz gar so?
„Da hat der Kickl doch recht!“